Lothar Erdmann

Lothar Erdmann, geboren am 12. Oktober 1888, wächst in einer bürgerlichen Familie auf. Er studiert, erwirbt ein umfangreiches historisches und philosophisches Wissen, mag sich jedoch nicht den Zwängen eines Examens unterwerfen. Politisch orientiert er sich – seit einem längeren Aufenthalt in England im Jahre 1910 – an sozialistischen Ideen. Er gehört zum Kreis um den Maler August Macke; nach dessen frühem Tod an der Westfront heiratet er die Witwe von August Macke.

Im Ersten Weltkrieg arbeitet Erdmann für Wolffs Telegraphen-Büro als Korrespondent in Amsterdam. Hier findet er Kontakt zu Mitarbeitern des Internationalen Gewerkschaftsbundes, zu dem er nach Ende des Krieges als Redakteur überwechselt.

Sein politischer Werdegang:

1923: Theodor Leipart, der Vorsitzende des ADGB, holt Lothar Erdmann als Redakteur der neuen theoretischen Monatsschrift des ADGB „Die Arbeit“ nach Berlin. Von Anfang an plädiert Erdmann für eine Verbindung von Arbeiterschaft, Sozialismus und Nation. Diese Zielvorstellung prägt seine politischen Positionen, von der Ablehnung des Versailler Vertrages über das Engagement im „Ruhrkampf“ bis zu seinen Kommentaren zur Zeit der Weltwirtschaftskrise. Dass ein weiterer Krieg kommen werde, in dem Deutschland versuchen solle, die Versailler Friedensbedingungen zu revidieren, gilt für ihn als ausgemacht. Er hofft noch auf eine Möglichkeit zur Aussöhnung von Arbeiterschaft und Nation, von Sozialismus und Nationalismus, als die Nationalsozialisten bereits darangehen, die Arbeiterbewegung zu zerstören.

Mai 1933: Mit dem Ende der Gewerkschaften endet auch die berufliche Karriere Erdmanns. Er schlägt sich als freier Schriftsteller durch. Kontakt zu Widerstandsgruppen hat er nicht gesucht.

September 1939: Bei Kriegsbeginn wird Lothar Erdmann zusammen mit über hundert Funktionären der Arbeiterbewegung verhaftet. Er kommt ins Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er bei jeder sich bietenden Gelegenheit geschlagen und gefoltert wird.

Lothar Erdmann stirbt am 18. September 1939 an den Folgen der Tortur.

Nach Gerhard Beier, Lothar Erdmann. 12. Oktober 1888 – 18. September 1939. Auf den Baum gehängt und zu Tode gequält, in: ders., Schulter an Schulter, Schritt für Schritt. Lebensläufe deutscher Gewerkschafter, Köln 1983, S. 41-46; ausführlich: Ilse Fischer, Versöhnung von Nation und Sozialismus? Lothar Erdmann (1888-1939): Ein „leidenschaftlicher Individualist“ in der Gewerkschaftsspitze. Biographie und Auszüge aus den Tagebüchern, Bonn 2004.

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