Quelle: HBS
Nach dem Korea-Krieg: Der Export boomt
Die Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf. Export und Binnennachfrage kurbeln die Produktion an und das Bruttosozialprodukt klettert um über sechs Prozent im Jahr. Erstmals seit Jahrzehnten ist die Arbeitslosigkeit abgebaut. Die Politik der sozialen Marktwirtschaft scheint aufzugehen. Bis die Rezession 1966 das deutsche Wirtschaftswunder stoppt.
Die Währungsreform 1948 leitet die Wende ein, doch die Auftriebskräfte sind noch schwach. Erst mit dem „Korea-Boom” nimmt die deutsche Wirtschaft Fahrt auf. Sie profitiert vom Anwachsen der weltweiten Nachfrage. Dank der neuen, nach dem Krieg wieder aufgebauten Industrieanlagen, verfügt die deutsche Wirtschaft über moderne Produktionsstätten und ist auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig. Der Export boomt. Seit den frühen 1950er Jahren weist die Handelsbilanz der Bundesrepublik einen Exportüberschuss aus. Durch die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im Jahr 1958 wird diese Entwicklung zudem gestützt. Die Bundesrepublik steigt in den 1960er Jahren zur zweitstärksten Handelsnation in der Welt auf.
Doch auch die Binnennachfrage ist hoch: Der Nachholbedarf an Wohnraum, Haushaltsgegenständen und später an hochwertigen Konsumgütern wie Kühlschrank, Auto und Fernsehapparat lässt auch die Industrieproduktion boomen. Unterstützt wird die Ankurbelung der Wirtschaft durch die Steuerpolitik, die mit günstigen Abschreibungssätzen Investitionen fördert.
Der deutsche Arbeitsmarkt ist bald „leergefegt“, trotz der vielen Vertriebenen, die sich nach dem Krieg in Westdeutschland niedergelassen haben, und trotz der vielen Menschen, die bis 1961 täglich aus der DDR flüchten. Als der Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr gedeckt werden kann, werden ausländische Arbeitskräfte angeworben, zunächst aus Südeuropa, ab 1961 dann auch aus der Türkei.
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Der Wirtschaftswunder-Song trifft`s ... die Stimmung steht auf "konsumieren".
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Die Konzentration der Wirtschaft geht in den 1950er Jahren geradezu stürmisch voran: Der Umsatz der 50 größten Industrieunternehmen wächst von 1954 bis 1963 von 36,8 auf 118,0 Milliarden Mark. Der Anteil am Gesamtumsatz steigt im selben Zeitraum von 25,4 auf 36,2 Prozent. Das Kartellgesetz ändert an dieser Entwicklung wenig. Allerdings bleibt der hohe Stellenwert mittelständischer Unternehmen in der westdeutschen Wirtschaftsstruktur erhalten.
Die Gewerkschaften machen in diesen Jahren eine moderate Lohn- und Arbeitszeitpolitik, die Arbeitgeber zeigen sich kompromissbereit, die Zahl der Arbeitskämpfe geht deutlich zurück. Dies trägt in den 1950er Jahren mit dazu bei, die Investitionstätigkeit zu steigern. Die Kehrseite dieser Medaille: Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, das Vermögen ist zunehmend ungleich verteilt. Daran ändert auch das erste Vermögensbildungsgesetz, das 1961 verabschiedet wird, nichts.
Bereits Mitte der 1950er Jahre verlangsamt sich der Wirtschaftsaufschwung. Diese Tendenz setzt sich in der ersten Hälfte der 1960er Jahre fort und führt 1966/1967 zu einer Rezession. Einzelne Branchen, etwa die Textilindustrie und der Bergbau, haben Probleme, ihre Position auf dem Weltmarkt zu behaupten. Der Absatz von Konsumgütern stagniert, nachdem der Bedarf an Konsumgütern erst einmal gestillt ist. Das deutsche Wirtschaftswunder ist beendet.