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Grafik: Wer Arbeit sucht, zieht in die Städte

Ölkrise : Wirtschaft stagniert, Preise steigen

Die wirtschaftliche Situation in den 1970er Jahren ist alles andere als stabil: Ölkrise, stagnierender Welthandel und Inflation treffen nahezu alle westlichen Industrieländer. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu. 1982, beim Amtsantritt von Bundeskanzler Helmut Kohl, sind fast zwei Millionen Menschen ohne Arbeit.

Die Ölkrise 1973 stoppt den Aufschwung, die deutsche Wirtschaft rutscht 1974/75 in eine Rezession. Das Wachstum, das 1973 noch 4,7 Prozent beträgt, geht 1974 auf 0,2 und 1975 auf -1,4 Prozent zurück. Zwar erholt sich die Konjunktur rasch wieder – 1976 wächst die Wirtschaft um 5,6 Prozent – doch der Aufschwung gewinnt nicht die Dynamik früherer Jahre. Und 1981/82, nach der zweiten Ölkrise, gehen die Wachstumsraten erneut in den Keller – auf 0 bzw. -1 Prozent). Die Preise steigen, die Zahl der Arbeitslosen auch. Seitdem ist der Kampf gegen Massenarbeitslosigkeit die große sozialpolitische Herausforderung für alle Regierungen.

Doch das ist kein deutsches Phänomen: Nahezu alle westlichen Industriestaaten kämpfen angesichts erhöhter Rohstoffpreise und stagnierenden Welthandels mit konjunkturellen und strukturellen Problemen. Fast alle durchlaufen Phasen der „Stagflation“, in denen die Wirtschaft nicht mehr zulegt (Stagnation), die Preise steigen (Inflation) und die Arbeitslosenquote sich erhöht. In Zahlen ausgedrückt sieht das in der Bundesrepublik Deutschland so aus: Die Arbeitslosenquote steigt in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre bis 1982 auf 7,5 Prozent, die Inflationsrate, die 1969 noch bei 1,9 Prozent liegt, erreicht 1973/74 mit 7,0 Prozent einen beängstigenden Höchststand. Danach geht der jährliche Preisanstieg auf 2,7 Prozent (1978) zurück, aber schon ein Jahr später liegt er wieder bei 5 bis 6 Prozent.

Kurz nach dem Regierungswechsel im Herbst 1982 erholt sich die Wirtschaft und erreicht Wachstumsraten um die 2 bis 3 Prozent. Und die Preise bleiben fast stabil. Die Inflationsrate geht in den folgenden Jahren bis auf 1 bis 2 Prozent (1987/88) zurück. Weder der New Yorker Börsen-Crash am 19. Oktober 1987 noch die internationale Schuldenkrise bremsen diese positive Entwicklung. Trotzdem steigt die Arbeitslosenquote weiter auf über 8 Prozent im Jahr 1983 – und bleibt bis Ende der 1980er Jahre in etwa auf diesem Niveau.

Struktureller Wandel

Die andauernde hohe Arbeitslosigkeit hat eine Reihe von Gründen. Zum einen: Die Wachstumsraten sinken seit den 1960er Jahren ständig. Der Bedarf an Gebrauchsgütern ist gedeckt, der Binnenmarkt nach der Phase des Wiederaufbaus gesättigt. Die deutsche Wirtschaft zieht aus dieser Entwicklung die Konsequenz und verstärkt den Export in andere europäische Länder und weltweit. Der Welthandel soll die Schwäche des deutschen Binnenabsatz kompensieren. Die Kehrseite dieser Entwicklung sind hohe Export- und Zahlungsbilanzüberschüsse und die Abhängigkeit von außenwirtschaftlichen Entwicklungen.

Zum anderen: Es gibt erhebliche strukturelle Probleme, etwa beim Steinkohlenbergbau. Seine Bedeutung für die Energieversorgung geht durch das Vordringen anderer Energieträger (Erdöl, Erdgas und Atomkraft) zurück. Werften und Stahlindustrie rutschen angesichts einer starken internationalen Konkurrenz in die Krise. Preisgünstigere, aber technisch hochwertige Produkte aus „jungen“ Industrieländern wie Japan, bald auch Indien und China, erobern die Märkte. Deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktionsstätten in Billiglohnländer, um die Kosten zu senken.

Und nicht zuletzt: Der Einsatz der Mikroelektronik löst seit Mitte der 1970er Jahre eine bisher nicht da gewesene Rationalisierungswelle in Industrie und Dienstleistungsbereich aus. Und anders als bei früheren Rationalisierungsschüben können Menschen, die arbeitslos werden, kaum in noch wachsenden Branchen Arbeit finden.

Dienstleistungsbereich wächst weiter

Der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen geht seit den 1950er Jahren kontinuierlich zurück. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich ab den 1960er Jahren im sekundären Wirtschaftsbereich, dem produzierenden Gewerbe. Die Umstellung hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft beschleunigt sich, der Anteil der Industriearbeiterschaft sinkt ab, der der Angestellten nimmt deutlich zu. Ebenso der Anteil der erwerbstätigen Frauen.