Die sozialen Unterschiede in der DDR-Gesellschaft sind klein, die Einkommen zwischen Facharbeitern, Lehrern oder Ärzten unterscheiden sich kaum. Ausschlaggebend für den individuellen Lebensstandard sind vielmehr der Grad der Wertschätzung bestimmter Berufsgruppen durch das Regime und das Engagement, das jemand zugunsten des Regimes an den Tag legt.
Privilegien werden nach politischen Verdiensten vergeben. Doch auch diese sind begrenzt und führen nicht zu einem Leben im Luxus. Für die breite Masse der Bevölkerung gilt wohl: Man nimmt die Angebote des Regimes mit und versucht im übrigen, seine Lebenssituation durch individuelle Leistung und persönliche Beziehungen zu verbessern.
Der Lebensstandard steigt in den 1950er Jahren an, aber nicht so sehr durch deutliche Lohnerhöhungen, sondern durch Preisstabilität bzw. -senkungen. Doch allenthalben sind Defizite in der Versorgung zu spüren. Ulbricht verspricht 1958, dass in wenigen Jahren die Versorgung der DDR-Bürger und Bürgerinnen mit Lebensmitteln und Konsumgütern die der Bundesrepublikaner übersteigen werde. Als sich diese Ankündigung als hohles Versprechen erweist, nimmt die Unzufriedenheit zu, nicht zuletzt, weil DDR-Bürger die Entwicklung in der Bundesrepublik sehr genau verfolgen können. Hinzu kommt, dass die Reglementierungen des Arbeitslebens als belastend empfunden werden.
Am 12. April 1961 wird ein neues Gesetzbuch der Arbeit verabschiedet. Darin werden alle wesentlichen Bestimmungen zu arbeitsrechtlichen Fragen, zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und zur Sozialversicherung zusammengeführt. Jedem Arbeiter und Angestellten wird das Recht auf Arbeit und auf Entlohnung nach Quantität und Qualität der geleisteten Arbeit zugesprochen. Außerdem wird der Einbau der Gewerkschaften in das System der Planausarbeitung und -festsetzung geregelt.
Auf Vorbehalte und Kritik in der Arbeitnehmerschaft stößt aber, dass alle Verordnungen dem Ziel, die Arbeitsproduktivität zu steigern, untergeordnet werden. Der Arbeitsplatzwechsel wird erschwert, um die Arbeitskräftefluktuation einzudämmen, die Bestimmungen über die Einhaltung der Normen wird verschärft und die Zahl der Haushaltstage und die Zahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen begrenzt. Insgesamt soll das Gesetzbuch der Arbeit helfen, „die sozialistische Arbeitsdisziplin und Arbeitsmoral weiterzuentwickeln“ und damit „die Erziehung und Selbsterziehung der Werktätigen zu neuen, sozialistischen Menschen“ fördern.
Der alltäglichen Bevormundung und Drangsalierung sowie den – im Vergleich zum „Westen“ – unzureichenden Konsummöglichkeiten entziehen sich viele Menschen durch Flucht, bis am 13. August 1961 die DDR-Grenzen abgeriegelt werden.