Im VEB Rohrleitungs-Kombinat in Bitterfeld, Werk Muldenstein, Dezember 1989 ©AdsD/6/FOTB049530; Paul Glaser Pressefoto.
1975-1990
Ost: Krise und Ende der DDR

DDR-Wirtschaft in der Krise

Wettlauf der Systeme ist verloren

Es sieht eigentlich ganz gut aus in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre. Zwar kann die DDR-Wirtschaft nicht mit der in der Bundesrepublik mithalten, aber immerhin, der Bevölkerung geht es besser. Doch Anfang der 1980er ist die Luft raus. Angesichts massiver Preissteigerungen für Rohstoffe und Defizite bei der Entwicklung neuer Technologien gerät die sozialistische Wirtschaft immer tiefer in die Krise.

Im VEB Rohrleitungs-Kombinat in Bitterfeld, Werk Muldenstein, Dezember 1989

© AdsD/6/FOTB049530; Paul Glaser Pressefoto

In den 1970er Jahren hält das wirtschaftliche Wachstum zunächst noch an. Die Wachstumsbranchen sind Elektrotechnik, insbesondere Datenverarbeitung, Büromaschinen sowie Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik. Diese Branchen verzeichnen jährliche Wachstumsraten von neun Prozent. Auch die chemische Industrie, etwa die Kunststoffherstellung (Plaste), gehört mit jährlichen Wachstumsraten um die sieben Prozent zu den Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung. Maschinen- und Fahrzeugbau boomen.

Auch der Export läuft gut. Wichtigster Außenhandelspartner der DDR ist die UdSSR: 40 Prozent der in der DDR hergestellten Güter werden auf dem sowjetischen Markt abgesetzt. 15 Prozent des DDR-Handels werden mit der Bundesrepublik abgewickelt. Dabei profitiert die DDR-Wirtschaft von der Zollfreiheit des innerdeutschen „Interzonenhandels“ und von der Einbindung der Bundesrepublik in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.

Doch Ende der 1970er Jahre ist Schluss. Die Preissteigerungen für Erdöl und Erdgas beenden den Wirtschaftsaufschwung. Anfang der 1980er Jahre kürzt die Sowjetunion ihre Erdöllieferungen und passt die Preise an das Weltmarktniveau an. Angesichts steigender Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt und der hohen finanziellen Belastung durch die Rüstungs- und Sozialausgaben wachsen die wirtschaftliche Schwierigkeiten in allen Ostblock-Staaten an.

Zudem gerät die DDR-Wirtschaft immer tiefer ins Dilemma: Auf der einen Seite muss sie dringend investieren, um mit der technologischen Entwicklung auf dem Weltmarkt mitzuhalten. Zum anderen muss sie, um der innenpolitischen Stabilität Willen, den Lebensstandard der Bevölkerung weiter verbessern. Die SED-Führung versucht diesen Konflikt durch die Fortführung des Bauprogramms und staatliche Subventionierung von Mieten und Konsumartikeln abzumildern, doch dadurch wird der Spielraum für Investitionen noch enger.

Um die Kostensteigerung im Energiebereich abzufangen, setzt die DDR-Wirtschaft auf die Nutzung der Braunkohle. Die Verstromung der Braunkohle wird vorangetrieben – trotz aller Belastungen für die Umwelt. Die notwendige Modernisierung der Industrie wird zurückgestellt. Hinzu kommt: Im Bereich der Mikroelektronik, in die die DDR Milliarden investiert, gelingt es nicht, konkurrenzfähige Produkte zu entwickeln. Die Wirtschaft der DDR fällt im Vergleich zum Westen immer weiter zurück.

Damit ist allen Planungen der SED-Staatsführung der Boden entzogen. Und da der SED-Staat dafür die alleinige Verantwortung trägt und keinen Weg findet, die Krise zu überwinden, richtet sich der Unmut der Bevölkerung ausschließlich gegen ihn. Viele haben von dieser Regierung endgültig genug. 

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