Industrielle Revolution

Die Dampfmaschine erobert die Welt

Die Dampfmaschine revolutioniert die Welt. Sie hält Einzug in Webereien und Spinnereien, in der Kohle-, Eisen- und Stahlproduktion. 1835 nimmt die erste Eisenbahn ihren Betrieb auf und eröffnet neue Möglichkeiten, Waren zu transportieren. Es ist die Geburtsstunde des industriellen Kapitalismus in Deutschland.

Die Industrialisierung nimmt Fahrt auf – allerdings zunächst nur in England. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts springt die Entwicklung auch auf Deutschland über, setzt sich dann aber sehr viel rascher durch als in England. Begünstigt wird das industrielle Wachstum nicht zuletzt durch die Veränderung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die der Deutsche Bund auf den Weg gebracht hatte.

Voraussetzung und Motor der Industriellen Revolution sind vielfältige technische Neuerungen. Sie ermöglichen die Ausbeutung von Bodenschätzen, revolutionieren die Arbeitsprozesse im handwerklichen Bereich und erhöhen die Arbeitsproduktivität. Die wichtigsten Stationen der Mechanisierung sind: Erfindung und Bau der Dampfmaschine (1765), der Spinnmaschine (1769), des mechanischen Webstuhls (1786) und der Lokomotive (1803/04 bzw. 1814).

Zeichnung eines Maschinensaals im 19. Jahrhundert

Veränderungen in der Arbeitswelt

Die Zahl der Dampfmaschinen wächst deutlich an: Sind 1849 im Rheinland und in Westfalen erst 651 Dampfmaschinen mit einer Leistung von insgesamt 18.775 PS in Betrieb, liegt die Zahl nur 25 Jahre später bereits bei 11.706, ihre Leistung bei 379.091 PS.

In den 1840er Jahren werden Dampfmaschinen auch zum Abpumpen von Wasser und zum Transport von Menschen und Materialien in den Kohlengruben eingesetzt. Dies erlaubt den Abbau von tiefer gelegener Kohle und führt zu einer enormen Steigerung der Kohleproduktion. In der Folge wächst auch die Eisen- und Stahlerzeugung. Ein Blick auf die Roheisenproduktion verdeutlich dies: Sie steigt von 1850 bis 1871 von 0,2 auf 1,6 Millionen Tonnen. Krupp, Borsig und andere Konzerne der Schwerindustrie nehmen in diesen Jahren ihren Anfang.

Auch die Chemieindustrie entwickelt sich, die Farbwerke Hoechst und die BASF werden gegründet. Weltgeltung erlangen sie allerdings erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Ein weiterer Motor des wirtschaftlichen Wachstums ist der Eisenbahnbau. Er schafft nicht nur Arbeitsplätze in der Eisen- und Stahlindustrie, sondern auch ein ganz neues Verkehrssystem. Das Schienennetz wird zügig ausgebaut. Beträgt die Gesamtlänge 1850 in Preußen noch 3.869 Kilometer, sind es 1870 bereits 11.523 Kilometer. Die Zahl der Lokomotiven steigt im selben Zeitraum von 498 auf 3.485.

An der Textilindustrie lassen sich die Auswirkungen der Mechanisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts am deutlichsten ablesen: Werden um 1800 noch 77 Spinnereiarbeiter(innen) gebraucht, um 1.000 Spindeln zu bedienen, sind es um 1865 nur noch 14.

Geburtsstunde des industriellen Kapitalismus

Nur wenige in Deutschland haben die Chance, die Vorteile der industriellen Revolution für sich zu nutzen. Denn um Fabriken zu bauen und Maschinen zu kaufen, braucht man Kapital. Sehr viel Kapital. Handwerkern, die nicht das Geld haben, neue Maschinen anzuschaffen und damit konkurrenzfähig zu bleiben, bleibt keine Wahl: Sie müssen ihren Betrieb aufgeben und sich einen Arbeitsplatz in den neuen industriellen Ballungsgebieten suchen.

Bild von der Kinderarbeit im 19. Jahrhundert

Kinderarbeit in der Textilindustrie, um 1850

© AdsD/B001789

Klar ist aber auch: Wer privates Geld in Fabriken und Maschinen investiert, will davon profitieren. Die Aussichten auf hohe Profite sind zu Beginn der industriellen Revolution gut. Sie beflügeln die Bereitschaft, neue Unternehmen zu gründen. Die Wirtschaft wächst schnell und mit ihr die Bedeutung des Bürgertums. Die Unternehmen brauchen nicht nur billige, ungelernte Arbeitskräfte, sondern auch qualifiziertes Personal und Führungskräfte.

Die Kehrseite der Medaille: Um den Profit zu erhöhen, werden Arbeiterinnen, Arbeiter und Kinder in den Fabriken geschunden und ausgebeutet. Die neue Wirtschaftsform des industriellen Kapitalismus, gekennzeichnet durch privaten Besitz an Produktionsmitteln und die private Verfügung über das Kapital, führt dazu, dass weite Kreise der Arbeiterschaft verelenden.

Seiten dieses Artikels:

1873-1876: Der Eisenbahnbau bei Borsig vor der Vollendung  - von Paul Meyerheim
© gemeinfrei

Seite drucken Seite bei Facebook teilen Seite bei Twitter teilen